"Man gab mir soeben das Geschenk meines Lebens." Ich habe Tocotronic im Frühjahr 1996 zum ersten Mal live gesehen, sie hatten innerhalb eines Jahres ihre ersten drei Alben veröffentlicht. Ich war 16, es war im Loft, einem Laden, den es heute nicht mehr gibt, mit Klassenkameraden, zu denen ich heute viel zu wenig Kontakt habe, mit von der Decke tropfendem Kondensschweiß, an den ich mich heute noch viel zu gut erinnern kann. Wir standen mittendrin im tanzenden und hüpfenden und singenden Publikum, mit Stiften in der Hand, und haben uns die Akkorde der Lieder auf den Arm geschrieben, um sie auf der Gitarre nachspielen zu können. E-Dur, E-Moll, A-Dur, A-Moll, C-Dur, G-Dur, D-Dur, sogar ein H war in manchen Liedern dabei. Dirk konnte damals vielleicht noch nicht viel mehr Akkorde spielen. Das traf sich gut, denn mehr als diese Akkorde konnte ich auch nicht. Tocotronic wurden danach mit jedem neuen Album reifer, Dirk spielte plötzlich auch die schweren Akkorde, und ab dem selbstbetitelten Album 2002 waren sie mir irgendwie zu blumfeldig. Bis dahin war ich auf fast jedes Konzert gegangen, das sie in Berlin gespielt haben. Ich konnte immer noch nur die einfachen Akkorde, von den Barreegriffen taten mir immer die Finger weh, und ich wollte auch nicht unbedingt reifer und blumfeldiger werden. Wir lebten uns etwas auseinander, auch wenn ich weiterhin jedes Album gekauft habe. Vorgestern war es dann nach vielen Jahren wieder soweit, keine Ahnung ob es mein zehntes oder elftes oder fünfzehntes Tocotronickonzert war, und ich stand mittendrin im tanzenden und hüpfenden und singenden Publikum. Und ich habe mitgetanzt und mitgehüpft und mitgesungen und war plötzlich wieder 16, aber etwas reifer und vielleicht sogar etwas blumfeldiger. Und auf dem Heimweg habe ich beschlossen, dass das eines der besten Konzerte war, auf denen ich in den letzten 10 Jahren gewesen bin. This Boy Is Tocotronic.
Hat er ja recht.
und verweise auf: Extrem-Klugscheißing
„Oh, haben Sie dann auch den vorgeschriebenen Feuerlöscher?“